Gründe für Insolvenzanträge – (Drohende) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
Die Gründe für Insolvenzanträge können vielfältig sein und sind nicht immer leicht voneinander zu trennen. Außerdem müssen Insolvenzanträge oft individuell geprüft werden, da es viel zu beachten gibt. Für einen Insolvenzantrag muss mindestens ein Insolvenzgrund vorliegen. Kommt es zu einer Verzögerung des Verfahrens, kann die Restschuldbefreiung gefährdet werden.
Insolvenzverordnung (InsO) § 17 Zahlungsunfähigkeit
In diesem Fall ist der Zahlungspflichtige nicht in der Lage, seine Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit wird durch eine Gegenüberstellung von Zahlungsmitteln und Zahlungsverpflichtungen bestimmt. Ferner ist es dem Zahlungspflichtigen nicht möglich, mindestens 90 Prozent seiner ausstehenden Rechnungen innerhalb von drei Wochen zu begleichen.
Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nach §17 InsO
Zunächst werden mithilfe einer sogenannten Liquiditätsbilanz die Mittel zur Begleichung der Zahlungsverpflichtungen und die zu zahlenden Beträge ermittelt. Zu den liquiden Mitteln zählen neben Bargeld und Geldsummen auf Konten auch Kreditlinien, welche miteinkalkuliert werden. Sind Rechnungen gestundet, ist es teils schwierig, die Fälligkeit zu bestimmen. In einem solchen Fall sollte rechtliche Hilfe aufgesucht werden.
Wurde herausgefunden, dass die Zahlungsverpflichtungen nicht beglichen werden können, so muss in einem weiteren Schritt durch einen flexiblen Finanzplan geprüft werden, ob die Zahlungsunfähigkeit nur vorübergehend besteht. Können die ausstehenden Zahlungen innerhalb von drei Wochen wieder beglichen werden, besteht keine Zahlungsunfähigkeit nach § 17. Dabei müssen allerdings auch die in diesem Zeitraum fälligen Zahlungsverpflichtungen einbezogen werden.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, muss ermittelt werden, wie groß die Liquiditätslücke ist. Ist die Liquiditätslücke kleiner als zehn Prozent aller Zahlungsverpflichtungen und kann in absehbarer Zeit beglichen werden, liegt ebenfalls keine Zahlungsunfähigkeit nach §17 vor.
Die Überschuldung nach § 18 (InsO) und ihre Feststellung
Eine Überschuldung im Sinne des § 18 liegt vor, wenn die liquiden Mittel des Schuldners die Zahlungsverpflichtungen nicht mehr decken können, abgesehen von der Möglichkeit, dass die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Es sind demnach zwei Schritte zu prüfen: Zum einen die rechnerische Prüfung der Überschuldung und zum anderen die ,,positive Fortbestehensprognose‘‘. Diese berechnet, ob der Schuldner im jeweiligen Prognosezeitraum all seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Außerdem muss der Schuldner seinen Willen zur Fortführung des Unternehmens bekunden, ein realisierbares Unternehmenskonzept sowie eine aus dem Unternehmenskonzepts hervorgehende Liquiditätsprognose vorweisen, die zeigt, dass das Unternehmen in den nächsten beiden Geschäftsjahren jederzeit zahlungsfähig ist.
Tritt eine Insolvenz in Folge einer Überschuldung und einer negativen Fortbestehensprognose ein, ist es von höchster Priorität, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens innerhalb von drei Wochen zu stellen. Wird der Antrag nicht in der angegebenen Frist gestellt, folgen straf- und zivilrechtliche Konsequenzen. Außerdem sollte ein strukturiertes System zum Monitoring eingeführt werden, um die Insolvenzgründe zu überwachen und zu dokumentieren.
Die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 (InsO)
Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Zahlungspflichtige voraussichtlich nicht in der Lage ist, seine Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu begleichen. Ist ein Unternehmen also drohend zahlungsunfähig, kann der Besitzer einen Insolvenzantrag stellen, ist jedoch nicht dazu verpflichtet.
Wichtig bei einer Antragstellung ist, dass alle Mitglieder des jeweiligen Vertretungsorgans einem solchen Antrag zustimmen oder das antragstellende Mitglied vertretungsberechtigt ist.
Ermittelt wird die drohende Zahlungsunfähigkeit durch fortlaufend wiederholende Prognosen auf Basis eines Finanzplans. Die drohende Zahlungsfähigkeit besteht, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher als eine Erfüllung aller Zahlungspflichten ist, also mindestens 50 Prozent.
Neuerungen beim Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz
Das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts trat zum 1. Januar 2021 in Kraft. Es besagt, dass die Insolvenzantragspflicht für den Monat Januar im Jahr 2021 entfällt, sobald noch vorgesehene staatliche Hilfeleistungen ausstehen. Ist es allerdings wichtig, dass dem Unternehmen die staatlichen Hilfeleistungen auch wirklich zustehen und sie das Unternehmen vor der Insolvenz retten können. Ist es nicht möglich alle Zahlungsverpflichtungen mit den staatlichen Hilfeleistungen abzudecken, muss ein Antrag auf Insolvenz gestellt werden.